Kurzbiographie

GOTTFRIED KIRCH

Zuletzt geändert am 19.3.2014

<1> Gottfried Kirch wurde am 8./18. Dezember 1639 als Sohn eines aus Joachimstal stammenden Schneiders in Guben geboren. Er starb am 25. Juli 1710 als Königlicher Astronom in Berlin.

<2> Im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts zählte Kirch zu den führenden deutschen Astronomen. Er entdeckte am 4./14. November 1680 erstmals einen Kometen mittels Teleskop (Komet C/1680 V1), 1681 und 1702 die Sternhaufen M 11 und M 5 sowie 1686 den Veränderlichen χ Cygni. 1679 erfand er ein Schraubenmikrometer für astronomische Messungen.

<3> Nach dem Besuch des Gymnasiums in Guben wirkte Kirch zunächst von ca. 1663 bis 1673 als Schulmeister in Langgrün bei Greiz und Neundorf bei Lobenstein. Zunächst wohnte er in Langgrün, ab 1669 in Lobenstein, wo er am 20./30. März 1673 ein Haus kaufte und am 16./26. April 1673 in dieses einzog. Zwischendurch hatte er am 22. März / 1. April 1673 den Schuldienst quittiert. Von da an bestritt er seinen Lebensunterhalt ausschließlich von den Einnahmen aus den seit 1666 herausgegebenen Kalendern (erster gedruckter Kalender für 1667). Vermutlich war Kirch schon damals Anhänger der Frömmigkeitsbewegung.

<4> Im November 2008 ausgewertete Briefe aus dem Nachlaß von Johannes Hevelius (Bibliothèque de l’Observatoire Paris) deuten auf einen Studienaufenthalt Kirchs in Jena zu Beginn der 1670er Jahre hin (aber kein Eintrag in die Matrikel der Universität Jena). Demnach besuchte er 1673 an der Universität Jena Vorlesungen von Erhard Weigel.

<5> Durch Vermittlung von Weigel kam Kirch 1673 zu Hevelius (das Empfehlungsschreiben von Weigel an Hevelius trägt das Julianische Datum 26. August 1673), wo er ungefähr ein Jahr blieb. Nach einem Studienaufenthalt in Königsberg (1675) kehrte er zunächst nach Lobenstein zurück, zog aber zwischen dem 13./23. August (Geburtstag des Sohnes Guthmann) und 30. August / 9. September (nach Leipzig adressierter Brief von Christoph Richter an Kirch) 1676 nach Leipzig (Eintrag in die Matrikel der Universität für das Sommersemester 1676), wo er ab dem 14. /24. Dezember 1676 in der 21. Stube des Collegium Paulinum der Leipziger Universität wohnte. Mit Ausnahme der Zeit von September 1680 bis April 1681 (in Coburg) bis zu seinem Weggang nach Guben im Oktober 1692 wirkte Kirch als Privatgelehrter in Leipzig. In seine Geburtsstadt wich er aus, weil er sich als Pietist in Leipzig Anfeindungen der Gegner ausgesetzt sah. 1700 ging er als Mitglied der Brandenburgischen Societät der Wissenschaften zu Berlin und als deren Astronom nach Berlin. Bereits im Juni 1700 siedelte er nach Berlin um, wohin ihm wenige Wochen später seine Familie folgte.

<6> Kirch war ein exzellenter Beobachter des Himmels. Die Instrumente ließ er sich zum Teil aus England schicken. Er baute selbst Fernrohre und verschickte diese an andere Beobachter. Seine Veröffentlichungen, insbesondere die Himmels-Zeitung und Ephemeriden, wurden international beachtet. Die theoretischen Bemühungen richtete er auf eine verbesserte Berechnung der Finsternisse. Der ab 1675 von ihm geäußerte Vorschlag, eine Astronomische Societät in Deutschland zu gründen, konnte nicht verwirklicht werden. Für die Zeitschrift Acta Eruditorum lieferte Kirch zahlreiche Beiträge, wobei er neben eigenen Beobachtungen auch die ihm durch seine ausgedehnte Korrespondenz zugeschickten Beobachtungsergebnisse veröffentlichte.

<7> Astronomische Kenntnisse und Entdeckungen vermittelte Kirch auch in seinen Kalendern und kleinen Druckschriften. In den 1680er Jahren gab er bis zu 14 verschiedene Kalenderreihen pro Jahrgang heraus. Er veröffentlichte sie nicht nur unter seinem Namen, sondern auch unter verschiedenen Pseudonymen und unter den Namen verstorbener Kalenderautoren, deren Kalender er weiterführte. Mit der Übersiedlung nach Berlin zeichnete er für die Kalender der Brandenburgischen Societät verantwortlich. Die Texte seiner Kalender und kleinen Druckschriften weisen deutlich physiko-theologische Gedanken auf. Durch die weite Verbreitung seiner Kalender (Druckorte waren u. a. Nürnberg, Annaberg, Leipzig, Breslau, Danzig und Königsberg) und ihr hohes Bildungspotential mit aufklärerischen Akzenten kann Kirch als Vertreter der deutschen Frühaufklärung angesehen werden.

<8> Aus seinen beiden Ehen (1667 Maria Lang, 1692 Maria Margaretha Winckelmann) gingen 14 Kinder hervor, von denen 7 das Kindesalter überlebten: Gottlieb, Heilmann, Theodora, Christfried, Christine, Dorothea Johanna und Margaretha. Sowohl von Kirchs zweiter Frau als auch von seinen Kindern ist bekannt, daß sie ihn bei den astronomischen Beobachtungen und Rechnungen unterstützten und zum Teil eigenständig Arbeiten ausführten. Bedeutsam sind die von Maria Margaretha in Berlin vom August 1700 bis Dezember 1701 aufgezeichneten Wetterdaten. Sie entdeckte 1702 einen Kometen. Christfried Kirch wurde 1716 zum Direktor der Berliner Akademie-Sternwarte berufen. Der älteste Sohn Gottlieb war Pietist und mit August Hermann Francke bekannt.